Ein Artikel von Klaus Kächler
Erschienen im Gießener Anzeiger Nr. 30 vom Samstag, 04. Februar 2023, Seite 39

 

Laubach . »Für mich war die Produktionsschule immer eine Herzenssache«, macht Christiane Schmahl (Grüne) bei der offiziellen Einweihung der neuen Bildungseinrichtung am alten Bahnhof in Laubach deutlich. »Dass es endlich geklappt hat ist wie ein kleines Wunder für mich«, so die frühere Schuldezernentin des Kreises und jetzige Laubacher Stadträtin.

Für rund 350 000 Euro war die ehemalige Gemeinschaftsunterkunft am Alten Bahnhof umgebaut worden. Ein weiterer Container soll jetzt noch dazukommen.

Seit Beginn des laufenden Schuljahres hat die neue Produktionsschule ihren Dienst aufgenommen.

Getreu dem Leitbild »Produktionsorientierte Didaktik« werden hier 14 Schülerinnen und Schüler an zwei schultheoretischen Tagen und drei Tagen mit Berufspraxis unterrichtet. Schwerpunkte sind Holztechnik, Garten- und Landschaftsbau sowie Hauswirtschaft/Küche. Das Ziel: Einen Hauptschulabschluss in der Tasche zu haben und fit für den Einstieg ins Berufsleben zu sein,

Wie Andrea Stremme, Schullleiterin der Willy-Brandt-Schule (WBS) in Gießen, erläutert, ist das Konzept, das in ähnlicher Form bereits erfolgreich in der Produktionsschule »Am Abendstern« in Heuchelheim umgesetzt wird, in erster Linie für »schulmüde« Jugendliche gedacht, die im »normalen« Schulalltag nicht zurechtkommen. Von größter Bedeutung seien dabei ein strukturierter Tag und die Wertschätzung der jungen Menschen.

»Wir frühstücken morgens alle zusammen und starten dann in die Arbeit oder den Unterricht«, beschreibt Mathias Lachmann, verantwortlich für die Bildungsgänge zur Berufsvorbereitung an der WBS, den Schulalltag. Georg Wittich vom Staatlichen Schulamt dankte allen Beteiligten, die zur Verwirklichung des Projektes beigetragen haben. Auch er sieht in der Verknüpfung von Arbeit und Lernen große Chancen. An der Entwicklung der Unterrichtsangebote beteiligt waren von Beginn an die Gesamtschule Hungen, die Friedrich-Magnus-Gesamtschule Laubach und die Anna-Freud-Schule in Lich, die eigentlich die betreuende Schule für Laubach werden sollte. Das Ministerium in Wiesbaden entschied sich jedoch aufgrund der berufsorientierten Ausrichtung dafür, die Einrichtung an die Kreisberufsschule anzubinden.

Den ersten Auftrag haben wir von der Awo in Grünberg erhalten und unsere Küche hat ein Chiliöl kreiert, das wir ebenfalls vermarkten wollen«, freut sich Lachmann. Auch das Waldschwimmbad in Lich sei an Liegestühlen aus der Holzwerkstatt interessiert.

Kreisschuldezernent Christopher Lipp (CDU) lobte die gute Zusammenarbeit aller Akteure bei dem Projekt. Es sei wichtig, dass auch Schüler im Ostkreis ein solches Angebot wahrnehmen könnten. Die gute Anbindung an den ÖPNV spiele hierbei eine wichtige Rolle.

»Wir wollen die Produktionsschule in das Leben der Stadt integrieren«, machte Matthias Meyer (parteilos) deutlich. Er berichtete davon, das »Bahnhofsviertel« zu einem sozialen Begegnungsort auszubauen. Die Umgestaltung des alten Bahnhofs zu einem Familienzentrum sei dabei ein erster Schritt. Der neu gegründete Förderverein soll bei der Vernetzung helfen.

»Wir wollen keine Konkurrenz zu heimischen Unternehmen sein«, betont Mathias Lachmann. Im Gegenteil: »Wir würden uns freuen, wenn unsere Schüler bei Firmen oder Gastronomen in der Region Praktika machen könnten.«